Great Story!

Great Story!

Heute kommt ein sehr aufregender Bericht auf Euch zu, also setzt Euch hin und macht Euch auf was gefasst!
Nach unserer letzten Nachtschicht auf dem Atlantik ist Martinique seit etwa 4:00 Uhr als Leuchten am Horizont erkennbar. Ab 6:00 Uhr nach Sonnenaufgang dann deutlich in Sichtweite, man erkennt die Umrisse der Insel durch den Dunst des Morgens. Je näher wir kommen, desto mehr Farben und Umrisse der Insel können wir erkennen. Für diesen Augenblick sind alle an Deck und freuen sich, nach 23 Tagen auf See wieder Land in Sicht zu haben. Wir verfolgen das Signal eines Segelschiffes, das ebenfalls in Richtung Martinique unterwegs zu sein scheint. Es ist die MANATEE, das Schiff eines YouTubers, mithilfe dessen Videos wir damals am 22. Dezember unser Satellitentelefon eingerichtet bekommen haben. Wir nehmen Funkkontakt auf und bedanken uns für das Video, das uns die Einrichtung sehr erleichtert hat und verabreden uns lose auf ein Bier, wenn wir alle in der Marina angekommen sind.

Leider kommt es auch auf den letzten „Metern“ dieser Reise anders als geplant. Etwa 20sm vor dem Ziel fällt der Motor aus, nachdem er uns fast einen ganzen Tag ohne Probleme als Verstärkung zu den Segeln in Richtung Martinique geschoben hat. Wieder nehmen Funkkontakt mit MANATEE auf und erhalten das Angebot, uns zu dem nächsten Ankerplatz zu schleppen. Allerdings hat die MANTEE nur einen Motor mit 80 PS und ist auch viel kleiner und leichter als wir. Wir melden uns bei der Marina und schildern unsere Situation. Sollen uns in einer halben Stunde nochmal melden …

Wir nutzen die Zeit und unternehmen einen Reparaturversuch. Der Motor hört sich so an, als ob kein Treibstoff mehr ankommt, um zu starten. Also beschließen wir, den Dieselfilter zu wechseln. Da sich aber selbst bei ausgeschaltetem Motor die Schraube durch die Fahrt weiter dreht (wir produzieren damit Strom), müssen wir das Schiff erst einmal zum Stillstand bringen. Das zugehörige Manöver nennt sich „Beiliegen“. Leider ist der eingebaute Dieselfilter sehr sauber und fast wie erwartet ist das nicht die Lösung des Problems, der Motor weigert sich immer noch zu starten. Mittlerweile haben wir von der Marina die Nummer eines Schleppers erhalten, der uns vielleicht helfen kann. Wir sollen uns an die Tankstelle schleppen lassen, ab da kann dann die Marina weiterhelfen. Allerdings ist heute Sonntag und in der Bucht ist eine Regatta – der Hafen und die Einfahrt sind bis 15.30 Uhr gesperrt und keiner kommt bis dahin rein oder raus. Schließlich erreichen wir das Schleppunternehmen, aber als das von unserem Schiffsgewicht (37 Tonnen) hört, winkt der schnell ab weil sein Schlepper zu klein ist. Aber wir bekommen als Trost noch die Nummer eines anderen Unternehmens mit einem größeren Schiff. Das kann am Sonntag leider nicht rausfahren, weil eines der zwei erforderlichen Besatzungsmitglieder fehlt. Wir vereinbaren, dass wir wenigstens am nächsten Tag (Montag) um 8:30 Uhr in den Hafen geschleppt werden.

Wir kreuzen weiter in der Bucht und überlegen uns zwischenzeitlich sogar, unter Segeln an den Ankerplatz zu fahren. Aber das wäre zu gefährlich, falls der Anker nicht hält. Mit dem Fernglas können wir am Nachmittag wenigstens auf die Entfernung schon erste Eindrücke vom Palmenstrand erhaschen. Die Aussicht auf eine weitere Nacht mit Nachtwache und Kreuzen in der Bucht so nahe vor dem Ziel ist der Stimmung an Bord leider nicht zuträglich, zumal der Wetterbericht von zunehmendem Wind spricht. Dann hat Franziska beim Blick auf unseren Kartenplotter die rettende Idee: Wir funken ein vorbeifahrendes Fischereischiff an. Zunächst leider ohne Erfolg. Wir geben nicht auf und machen uns mit Horn und Lichtsignalen bemerkbar und schließlich ändert der Kapitän des Schiffs den Kurs und kommt auf uns zu. Als er in Rufweite gekommen ist, schildern wir auf Französisch im Rahmen unserer Möglichkeiten unsere Situation und bitten um Schlepphilfe. Der Kapitän erklärt sich sofort bereit, uns zu helfen und wir machen die Schleppleine klar – natürlich fängt es genau jetzt an ordentlich zu regnen. Nach einigen Minuten sind wir nass, befinden uns aber hinter dem Fischerboot „Great Story“ und sind gemeinsam unterwegs in Richtung Marina.

Andreas sorgt dafür, dass wir bei einbrechender Dunkelheit unsere Lichterführung als „geschlepptes Fahrzeug“ entsprechend anpassen, was uns die Aufmerksamkeit einiger vor Anker liegender Segler beschert, wie wir am nächsten Tag erfahren werden. Der unerwartet große Fang wird derweil von den Fischern mit ihren Mobiltelefonen gefilmt und wir bilden uns ein, dass auch die eine oder andere Schwade von Grasrauch zu uns herüber weht. Nun bereiten wir die Fender und Leinen vor, so dass wir das Schiff, wenn wir am Steg angekommen sind, schnell aufstoppen und festmachen können. Sicherheitshalber machen wir auch den Anker klar, falls wir bei dem Manöver in Probleme kommen sollten. Per Funk wollen wir die Marina über unsere Ankunft informieren, aber ausserhalb der Öffnungszeiten (sonntags bis 13:00 Uhr) hört da wohl keiner zu.

Der Fischer kennt sich aus und schleppt uns sicher im Zickzack durch das Fahrwasser der Bucht bis zum Steg der Marina-Tankstelle. Wir hatten die Ansteuerung schon in der Vorbereitung ausgeklügelt, bekommen das aber jetzt vom Fischer abgenommen. Schon lange vor der Ankunft reduziert er die Geschwindigkeit, so dass wir mit nur noch sehr wenig Fahrt am Steg ankommen und das Anlegemanöver sehr gut gelingt. Die Besatzung des Fischers räumt noch schnell ein am Steg liegendes Boot zur Seite, damit wir genug Platz zum Anlegen haben.

Alle packen kräftig mit an, bis wir am Steg fest sind. Nie haben wir uns das Anlagebier so verdient! Sonja schwärmt gleich aus und kundschaftet die Umgebung – insbesondere die Duschen und WCs aus. Wir beschließen den Abend mit einem improvisierten Rumcocktail und den Resten unseres Schinkens. Fallen dann aber schnell ins Bett, morgen um 8:00 Uhr öffnet das Marinabüro und wir müssen und zunächst einmal bei den Behörden anmelden und organisieren dann alles Weitere. Aber dazu mehr in unserem nächsten Bericht!